Trikont in Zusammenarbeit mit dem Münchner Kulturreferat
Mit: Erika Stucky, Christian Zehnder, Natur Pur, Yellow Bird, Baka Beyond, Duo Windbone, Drasch-Reiter, Black Patti und die Hornisten der Münchner Philharmoniker.
Am Anfang war das Festival, das LAUT Yodeln-Festival. Veranstaltet von Trikont und dem Münchner Kulturreferat, die gemeinsam jenes „unartikulierte Singen aus der Gurgel“ einem großen Münchner Publikum bekannt machen wollten. Es war im Juni 2016, das Wetter war schön, die Menschen kamen zu Hauf und es wurde in Workshops, beim Frühschoppen im Fraunhofer und vor allem im Münchner Volkstheater und in der Allerheiligen Hofkirche gejodelt. Nicht immer nur laut, aber immer sehr eindrucksvoll und immer das alte Vorurteil widerlegend, das Jodeln sei nur ein alpenländisches Phänomen. Ob in Amerika, Afrika, der Südsee oder in Südosteuropa, in der Schweiz, in Österreich und Bayern ja sowieso, überall wird in unterschiedlicher Manier gejodelt.
Und um zumindest einen Teil dieser intensiven Tage dokumentieren zu können, haben wir die beiden Konzerte mitgeschnitten – und hier ist sie nun, zum guten Abschluss unseres schönen Festivals: die LAUT Yodeln-CD.
Jeder, der den Film „Mars Attacks“ gesehen hat, erinnert sich daran, wie die Marsmenschen auf dem Weg zur Weltherrschaft nur durch einen kraftvollen Cowboy-Jodler von Slim Whitman gestoppt werden können. Der Sound zerschmettert die Helme der Eindringlinge, ihre Köpfe werden zu grünem Pudding und die Welt ist mal wieder kurz vor knapp gerettet.
Dass der nicht nur in den USA bekannte Countryjodler Jimmie Rodgers (1897-1933) in Nairobi als Heiliger verehrt wird, ist übrigens keine Filmlegende. Hingewiesen sei auch noch auf Vermutungen, dass beim amerikanischen Yodler Elemente von Indianergesängen zu finden sind.
Bart Plantenga, ein DJ aus New York geht in seinem Buch „Yodel-AY-Ee-Oooo. The Secret History of Yodeling around the World“ über alle möglichen und unmöglichen Formen des Jodelns, ganz unterschiedlichen Spuren nach. So soll es bei gregorianischen Prost- und Trinkgesängen zu „quecksilbrigen Ausbrüchen“ kommen, die mit dem Jodeln verwandt sein könnten. Plantenga findet Zeugenberichte u.a. von einem Frederick Law Olmstead, der in Carolina noch vor dem Bürgerkrieg schwarze Eisenbahnsklaven eigenartige Laute ausstoßen hörte: „Einen langen, lauten, musikalischen Ruf, der stieg und fiel und schließlich in ein Falsetto ausbrach.“ Andere Quellen sprechen von diesen Rufen seit etwa 1750. Bart Plantenga wird auch in Holland fündig. Eine robuste Sängerin und Jodlerin mit Namen Olga Lowina (1924-1994) wurde als „die Nachtigall mit der Metallkehle“ von Jodelfans im hohen Norden verehrt.
War das Jodeln in vielen Kulturen ursprünglich ein Verständigungsmittel über weite Distanzen, ein Wiegenlied oder ein Alarmruf, so entsteht momentan ein fast schon „urbanes Yodeln“ – der städtische Jodler entwickelt sich quasi aus einer enormen Nachfrage an jodel-interessierten Menschen. Denn ganz im Gegensatz zum schönen Singen erlaubt das Jodeln durchaus den ein oder anderen stimmlichen Schlenker und die Angst, als Falschsinger entlarvt zu werden ist bei dieser Technik völlig überflüssig. Der kraftvolle Ruf von Lauten und Silben und der abrupte Wechsel der Stimmlagen zwischen Brust- und Kopfstimme macht es eben auch ungeübten Sängerinnen und Sängern möglich, sich mit Verve ins Zeug zu legen. Da der Jodler zudem ohne Text auskommt, funktioniert die Verständigung ganz ohne Sprache – eine ideale Kulturtechnik zur Vernetzung unterschiedlicher Kulturen also.
„Das Jodeln ist näher am Paradies als das Singen“ – findet unser amerikanischer DJ Plantenga, eine schönere und überzeugendere Einladung zum Hören dieser CD kann es doch gar nicht geben.
„Ich bin wacher beim Yodeln als beim Reden.“ Erika Stucky