DOWN & OUT – The Sad Soul Of The Black South
Zwischen Trauer und Traum: „Ein Geschmack von Gott“
Nirgendwo werden Romanzen inniger herbei gefleht, nirgendwo versteht man sich besser auf den Trost der Liebe. Und dennoch. Soul kann mehr. Wer es wagt, den Flauschteppich der radioformatierten Klänge einmal umzudrehen und genauer hinzugucken, der wird bald Brandlöcher entdecken, allerlei interessanten Schmutz und spirituelle Untertöne, die den Kurzschluss zwischen Gosse und Himmel bewerkstelligen. Soul kann auf schmerzhafte Weise süchtig machen. Spätestens dann, wenn die vergessenen Stimmen der Ekstase, der Verzweiflung und der Unvernunft zurückschlagen.
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Während der Mainstream Soul längst auf „Party, Sekt und Seidenlaken“ abonniert ist, hält sich im Süden der Vereinigten Staaten ein Anachronismus: Unabhängige, kleine Plattenfirmen produzieren weiterhin ihre „Cheating“-Dramen für einen lokalen Markt. Klassiker wie „Crying In The Streets“ oder „Rainbow Road“ gehören im tiefen Süden zu den Standards von Blues-, Soul- oder gar Zydeco-Bands.
Das mag auch an der öffentlichen Funktion liegen, die diese Songs für ihre Hörer übernehmen. Ob Johnny Copeland auf seinen Knieen fleht („Down On Bending Knees“) , James Kelly Duhon Kinder zeugende und sich aus der Verantwortung stehlende Liebhaber besingt („Heart Breaker“) oder Ede Robin ihren Selbstmord ankündigt („Dead“): Hier wird kein peinlicher Privatmief verhandelt, sondern ein öffentliches Recht: Jedermanns und jederfrau Recht auf Liebe, Respekt, Mitgefühl!
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Jonathan Fischer
in den Linernotes zur Vinyl-Edition November 2020
„In bebenden, dunklen, tragischen, aber höchst inbrünstigen Abgesängen zeichnet dieses Album die Geschichte der wahrhaftigen Soulmusik der Südstaaten nach, die ihre Erfüllung nie daran sah, langbeinig swingend in Pailettenkleidchen über große weiße Bühnen zu trippeln- der diese Möglichkeit aber auch nie offen stand.Musikexpress zur CD Edition 1998.