Und hier also wirklich mal ein Debüt, das überrascht …
Er ist Troubadour und Barde, Melancholiker, Skeptiker und Rätselmann. Einer, der das unverhohlen Eingängige ebenso liebt wie das Abseitige. Einer, der dem hiesigen Pop mit seiner ganz eigenen Mischung aus Hemdsärmeligkeit und Stilgefühl ein bisschen Leichtigkeit, Dandy-tum und Unverkrampftheit beibringen könnte.
Von vorne:
Eric Pfeil war der Mann hinter legendären Musikfernsehformaten wie „Fast Forward“ mit Charlotte Roche oder der „Sarah Kuttner Show“. Irgendwann aber hatte er keine Lust mehr aufs Fernsehen und wurde mit seinem Pop-Tagebuch bei der FAZ zu einer festen Instanz im deutschen Musikjournalismus. 2010 veröffentlichte er bei Kiepenheuer & Witsch sein Buch „Komm, wir werfen ein Schlagzeug in den Schnee“. Jetzt macht er wieder eine Wende. Jetzt singt er.
Für Eric Pfeil selbst ist das nur logisch: Hat er ja immer gemacht. Außerdem, so Pfeil, sei er in die anderen Sachen eher zufällig reingerutscht. Vielleicht ist es von daher gar nicht so überraschend, dass Pfeil keine neunmalkluge, abgesicherte Kritiker-Musik macht.
Im Gegenteil: „Ich hab mir noch nie viel aus dem Tag gemacht“ ist ein bald sommerlich leichtes, bald vom Herbstwind durchpustetes Album voller ebenso eigentümlicher wie eingängiger Lieder, die sich sofort festsetzen, aber trotz ihrer Einfachheit nachhaltig verwundern. Die Texte: Melancholisch? Ja, und zwar ganz unverhohlen! Daseinsskeptisch? Mehr als das! Komisch? Natürlich.
Die Musik: Italienischer Pop trifft den Charme eines Jonathan Richman oder Kevin Ayers trifft die Cleverness großer Gitarrenpopper wie Robyn Hitchcock oder Lloyd Cole. Pfeil schreibt Lieder, in denen sich Lucio Battisti und die Go-Betweens mit dem folkig gelaunten Tom Petty zum Autofahren verabreden.
Von der brutal persönlichen Verlierer-Moritat „Drachentöter“ bis zur schwelgerischen Anti-Hymne „Süden“, vom tieftraurigen Hit „Arena“ bis hin zum dreisten Paartanz-Schieber „Reproduktion“ (mit herzzerreißendem Posaunen-Solo), von der sehnenden Killer-Ballade „Lieblingszahl“ bis zum Psychedelic-Glam von „Feiertagsfrau No. 35 & 36“: Das hier sind Songs, denen man glaubt und mit denen man weiterleben will.
Es gibt vieles, was Eric Pfeil von etlichen deutschsprachigen Songschreibern unterscheidet: Da ist zum einen seine Gabe, echte Geschichten zu erzählen („Der Mann, der Venedig hieß“, „Süden“), da ist zum anderen die unverhohlene Eingängigkeit. Eric Pfeils Stücke sind beste Singer/Songwriterware, aber die Haltung ist Pop.
Das Video zur Vorab-Single „Süden“ entstand in Rom: Da läuft Pfeil im viel zu heißen dreiteiligen Maßanzug durch die flirrende Stadt und singt von Sehnsucht und Scheitern. Ähnlich wie „Süden“ ist auch der Rest des Albums: Ohrwurm-Pop und mitunter seltsame Texte gehen hier eine Verbindung ein, die man so lange nicht gehört hat.