Tak tak tak tak tak tak tak tak taka taka taka tadak …
fährt die Farfisa im pulsierenden Stakkato einer spanischen Kadenz vor, eine prominent aufgedrehte englische Bassgitarre und ein minimalistisch tingelndes Twist-Schlagzeug geben sich die Hand. Und Hallo, ganz weit vorne, italienisch-deutscher und deutsch-italienischer Gesang – dreifach, frivol, frech. Va da Dio!
Knall auf Fall und von Kopf bis Fuß finden wir uns in einer anderen Zeit, wie in einem farbenprächtigen frühen Almodóvar-Film, in dem flamboyant aufbrausende Frauen das Sagen haben: Maria! Teresa! Julia! Gewiss keine Princesses, sie sind einfach Principess. Gekommen sind sie, die alte Welt aufzumischen.
Weisst du noch …? Erinnern wir uns zum Beispiel an die überraschende Szene, in welcher sich eine Victoria Abril in der Rolle einer Nachrichtensprecherin inmitten der Vermeldung eines mysteriösen Mordfalls direkt dem Fernsehpublikum offenbart mit den Worten „ich hab’s getan“ … getötet habe sie ihn, ihren Manager-Unternehmer-Geschäfts-Ehemann. „High Heels“ titelte der Film damals hierzulande, „Tacchi a Spillo“ im italienischen Verleih, und das Filmposter von Juan Gatti illustrierte dazu ganz anschaulich, was diese hochhackigen Schuhe eigentlich sind: „Waffen einer Frau“!
Weisst du noch wieso … ? In ihrem „Tacchi a Spillo“ hingegen offenbaren Principess ein ganz grundsätzliches Hadern mit sogenannten idealen Werten, den Anforderungen einer möglichst glatten Oberfläche zu genügen etwa. Da fallen Hüllen und ganz unerhörte Worte wie „Fickbarkeitsskala“… ihre Waffen sind nebst den eingangs genannten Instrumenten verblüffende Wortkombinationen wie „Blaues Regelblut“. Und das ist ja erst der Anfang! Ein jedes Stück ein Rondo und Ritornell aus modernistischen Farfisa-Fanfaren und pumpenden Bassläufen, so geht es Hit auf Hit von Beat zu Beat.
Weisst du noch wieso wer … ? Principess spielen mit Ästhetiken aus einer Zeit vor Smartphone und KI, ohne sich dafür selber eine Retro-Maske überzustülpen. Die Hülle, das sind die Anderen! Indem sie Rollenklischees und stereotype Umgangsformen mittels der Camouflage eines V-Effekts der Heuchelei überführen, entkleiden sie den Alltag von mancherlei festgeklemmten Mythen. Und zwar im Hier und Heute! Ruht denn nicht ein chauvinistisches Stillschweigen über der Tatsache, dass Deutschland in Sachen Gender-Paygap im europäischen Vergleich seit Jahren unverändert auf dem viertletzten Platz rangiert? „Ich frag’ mich wieder mal, wie ich da gut verlieren kann“, heißt es dann in „Selber schuld“. So artikulieren Principess auch, die Solidarität von Frauen untereinander zu vermissen.
Weisst du noch wieso wer du bist? Sich einen Blick von außen zu bewahren hilft: Maria Moling ist muttersprachlich mit dem marginal gesprochenen Ladinisch aufgewachsen (ganz aktuell paralell zu hören: „Invisible Girl“ von ihrem alter ego Maria de Val), und auch Teresa Staffler machte sich einst von Südtirol mit ihrem Keyboard auf in die Welt. Einmal in München angekommen, zog man auch schon gemeinsam mit der Bassistin Julia Viechtl los, Maria bei der Live-Umsetzung ihres Rock-Duos Me + Marie auf Konzerten und Festivals quer durch Europa zu unterstützen. Unterwegs hatten die Drei eine gemeinsame Sternstunde: PRINCIPESS – DIE FEMINISTISCHE RETTUNG DES POP!
Und mehr oder weniger so ging Alles los
P.S. Laut Eigenaussage gab das andalusische Schwestern-Trio Las Ketchup die Blaupause bei der Geburt von Principess. Vielleicht erinnert sich noch wer an deren Spanglish-Cocktail-Rumba-Rap vor etwas mehr als zwanzig Sommern und darf feststellen: Zumindest das ist Principess zum Glück nun doch nicht gelungen 😉 Und zum Glück haben Principess einen Teamgeist, der sich in den Vocal-Arrangements manifestiert und im Spiel: Alle vorne, alle laut (Produktion: Nico Sierig!)
P.P.S. Principess haben keine Chefin und keinen Chef, und auch keine Gitarre!
P.P.P.S. Finde den Autotune-Song!
Pico Be, Juni 2024