Der 4. Juni ist der 125. Geburtstag Karl Valentins. Seine existentielle Komik ist so jung wie eh und je. Der Schriftsteller Michael Lentz hat in ihr ein unwiderstehliches Antidepressivum gegen Sprach- und Weltschmerz gefunden.
„. . . wo sie jetzt liegt, das will ich wissen!“ – „Ja, wo sie jetzt liegt, das weiß ich auch nicht, irgendwo wird’s schon liegen.“ – „Irgendwo! Freilich liegt’s irgendwo – aber wo – wo ist denn das irgendwo?“ – „Irgendwo? Das weiß ich auch nicht, wo das ist – dann liegt’s halt woanders!“ – „Woanders! Woanders ist doch irgendwo.“ – „Red doch nicht so saudumm daher, woanders kann doch nicht zu gleicher Zeit woanders und irgendwo sein!“ – „Aber Frau, so kann nur wer daherreden, wer von einer Brille nicht die geringste Ahnung hat!“
Leuchtet ein, schließlich sind „Irgendwo“ und „Woanders“ ja Ortsnamen. Und wo findet sich die Brille schließlich? Auf der Stirn. „Aber leider ohne Etui.“ Auf diese Weise kann man sein Leben sinnvoll damit zubringen, sprachliche Funktionen so lange zu hinterfragen, bis damit auch das Problem verschwunden ist, weil die Sprache selbst zum zentralen Problem geworden ist. Solche Sabotagen sprachlicher Gebrauchsregeln finden sich bei Karl Valentin und Liesl Karlstadt häufig, ihre Monologe, Dialoge, Stücke und Filme leben geradezu von der Aufweichung alltagspragmatischer Regularien.Für Sammler ein Muss Frankfurter Allgemeine Zeitung