Jörg Hube – die Freiheit der Gedanken, der Fantasie war ein großes Thema in seinem Leben. Unangepasst, unkonventionell, ein bayerischer Don Quijote in rostiger Rüstung, ein Revoluzzer, wenn es gegen fest gefressene Strukturen ging.
Die Ausstellung „Mein Kopf ist eine Bombe“ öffnet einen Blick auf das große Werk und das Leben von Jörg Hube. Größtenteils basiert sie auf Dokumenten aus dem künstlerischen Nachlass von Jörg Hube, den die Monacensia als Schenkung von den Erben des im Juni 2009 verstorbenen Künstlers erhalten hat.
Schulzeugnisse beschreiben ihn als jähzornig, als einen, der sich weder in eine Klassengemeinschaft einordnen und noch weniger Vorschriften unterordnen kann. Vor allem, wenn sie ihm »unsinnig« erschienen, konnte er explodieren. Er war ein Anarchist, ein Dickschädel, eine »Tretmine«, wie ihn sein Kollege Werner Schneyder einmal nannte. Ein Zweifler, ein Moralist, hoch empfindsam, zurückhaltend und polternd zugleich.
Sein umfangreicher Nachlass, eine Fundgrube aus Zetteln, unzähligen Briefen, Schulaufsätzen, Kinderzeichnungen, Kritzeleien, Manuskripten, Bildern, Notizen über die Auseinandersetzung mit der »Obrigkeit«, den Hierarchien im künstlerischen Bereich und im praktischen Leben, belegt all diese Eigenschaften. Am pointiertesten zeigt sich das in seinen fünf Herzkasperl-Programmen. Wenn er etwas angenommen hatte, eine Rolle, einen Sprechertext, dann floss dabei Herzblut, und nicht zu wenig. Immer full power, immer mit ganzem Herzen. Dass dabei oft die Fetzen flogen, ist selbstverständlich.
1943 in Neuruppin in der Mark Brandenburg geboren, wuchs Jörg Hube in München auf. Seine Theaterlaufbahn ist mit dieser Stadt eng verknüpft. Von 1973 bis Ende der 1990er-Jahre gehörte er fast durchgehend zum Ensemble der Münchner Kammerspiele, 2001 wechselte er mit Intendant Dieter Dorn an das Bayerische Staatsschauspiel. Er unterrichtete an der Otto Falckenberg-Schule, die er 1991 bis 1993 leitete. Große Popularität gewann Jörg Hube durch Fernsehserien für den Bayerischen Rundfunk wie »Die Löwengrube«. Mit Regisseuren wie Edgar Reitz, Klaus Emmerich, Michael Verhoeven, Joseph Vilsmaier oder Matthias Kiefersauer drehte er zahlreiche Kino- und Fernsehfilme. Seine Paraderolle war der »Herzkasperl«, eine Figur, die er 1975 zusammen mit seiner Frau Elisabeth Fanderl entwickelte.
Ausstellungseröffnung:
Donnerstag, 8. Dezember 2011, 18 Uhr
Öffnungszeiten:
Mo – Mi, Fr 10.30 – 18 Uhr, Do 10.30 – 19 Uhr
Eintritt frei
Zur Ausstellung gibt es ein Rahmenprogramm mit Veranstaltungen und Führungen.
Einzelheiten ab Anfang Dezember 2011 unter:
www.muenchner-stadtbibliothek.de/monacensia
Es sprechen:
- Christian Ude, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München
- Dr. Elisabeth Tworek, Leiterin der Monacensia
- Eva Demmelhuber, Kuratorin der Ausstellung und Autorin des Buches »Jörg Hube. Herzkasperls Biograffl. Ein Künstlerleben«
Der Schauspieler Stefan Wilkening liest Texte von Jörg Hube.
Ausstellungsdauer:
9. Dezember 2011 bis 8. Juni 2012
„Der Herzkasperl ist ein Anarchist, einer der keine Bomben schmeißt, sondern dessen Kopf eine Bombe ist.“
Jörg Hube
„Eine kleine Ausstellung im Münchner Literaturarchiv Monacensia und ein Buch geben nun intime Einblicke in das Leben des Charakterdarstellers, dessen Tod 2009 Freunde und Wegbegleiter bestürzte. „Mein Kopf ist eine Bombe“ nennt sich die Schau, für die Kuratorin Eva Demmelhuber Dokumente aus dem Nachlass zusammengetragen hat: Kinderzeichnungen, Briefe, Zeugnisse, Manuskripte, Tagebucheinträge, Fotos und vieles mehr.“ (Welt-Online)
Grantler mit Herz: Die vielen Seiten des Charakterkopfs Jörg Hube
„Hube ist vor zwei Jahren gestorben. Die Monacensia, der es obliegt, Hinterlassenschaft und Ruf bedeutsamer Bürger der Stadt und des Umlandes zu bewahren, hat den Nachlass dieses großen Künstlers überantwortet bekommen. Dies ist ihr Anlass, diesem Mann, der den meisten eher als eindringliche Schauspielergestalt gegenwärtig ist, in einer Ausstellung zu würdigen. Einen Mann, der sich in einem Manifest des „globalen Staatsschauspiels“ selbst so einführt: „Gestatten: Herzkasperl! Hauptberuf: Schauspieler! Hanswurst! Bin Totschläger und Sprüchemacher! Verkaufe meine Kinder für einen Lacher!“ Wie so einen würdigen? Der gravitätische Ausdruck selbst weist darauf hin, dass sich Hube das wohl dringlich verbeten hätte.“
„Schauspieler, Zornbold, Herzkasperl“ Süddeutsche Zeitung, 9.12.11