Dresden im Sommer 2015: In der Innenstadt marschieren allmontäglich Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes, während in Zeltlagern und Asylheimen in den Außenbezirken der Stadt tausende Flüchtlinge provisorische Unterkünfte beziehen. Die Banda Comunale, eine kleine Dresdner Demokapelle, hatte das ganze Jahr gegen PEGIDA angespielt. Aber PEGIDA verschwand nicht. Inzwischen protestieren die Wutbürger vor Flüchtlingsheimen. Genau dort beginnt die Banda Willkommenskonzerte zu spielen und sich für geflüchtete Musiker zu öffnen. Aus der Banda Comunale wird die Banda Internationale.
Der Film begleitet die Musiker ein Jahr lang, Dutzende Konzerte, persönliche und gemeinsame Geschichten auf ihrem Weg vom Integrationsprojekt mit Geflüchteten zu einer in ganz Deutschland gefeierten Band. Zeitdokument, Porträt einer Stadt und eines Landes, Drama, Komödie und mitreißender Musikfilm in einem.
Wenn eine Band durch Deutschland tourt, die Begeisterungstürme auslöst und dabei Weltmusik-, oder Friedenspreise abräumt, obwohl sie aus Dresden kommt, dann ist das nicht normal. Eine normale Band war die Banda Comunale noch nie. Ihre Gründer um Michał Tomaszewski wollten zu den Anti-Nazi-Demos rund um den 13. Februar der Nuller-Jahre einfach Instrumente mitnehmen. Das wärmte Füße, Kopf und Bauch. Und im Dresdner Demonstrations-Durcheinander wusste man so immer, wo es lang geht. Wo man hingehört. Wo vorn ist. Als PEGIDA marschierte, führten sie die Besenkommandos über Dresdens Straßen, bestritten Postplatzkonzerte, und als die Flüchtlinge kamen, spielten sie vor und in den Notunterkünften, um den Menschen für einen kurzen Moment die Sorgen fortzublasen. Plötzlich vermischte sich ihr gewohnter Klezmer-Brass-Punk mit der herzlichen Musikalität ihrer neuen Zuhörerschaft. Und bei der Banda entstand eine völlig neue Idee, als auch Musiker mit ihren Instrumenten zu ihnen stießen. Sie wollten den Syrer Thabet Azzawi mit seiner Oud dabei haben, den Iraker Akram Al-Siraj mit seinem Cello oder den Palästinenser Qutaiba Abu Rashed mit seiner Trommel. Ganz zu schweigen von Ezé Wendtoin, der einem die Tränen in die Augen treibt mit seinem Rudi Carrell Hit… Das klang verrückt, klang nach viel Arbeit. Aber auch nach viel Musik. Sowie nach monatelanger Probenarbeit, Umzügen, Abschiebungen, Konzerten, Aufenthaltsgenehmigungen, Crowdfunding, CD-Produktion und es klang immer wieder nach kritischem Hinterfragen sächsischer Zustände in Politik und Gesellschaft. Der Rest gehört fast schon zur Geschichte von Dresden; ein viel gelobtes Integrationsprojekt, das vom ersten Tag an echte Freundschaften gebar. Vielleicht ist es kein Zufall, dass ein waschechter, polnischer Flüchtling all diesen Radau veranstaltet für Dresden. Was die Journalistin Anja Reschke im Film sagt, haben Michał Tomaszewski und die Banda Internationale längst verinnerlicht. Nicht die rechten Rassisten sind das Problem, sondern wie sich der Rest der Gesellschaft zu ihnen verhält.
Micha Rudolph / Kinokalender DOC Festival Leipzig