Die Field Recordings entwickeln einen faszinierenden Sog, schmeißen das Kopfkino an, als stünde man mitten in einer asiatischen Stadt. Alles ist real, und doch auch nicht echt. Denn Haslingler reichte das Gesammelte nicht. Zu pur. In München rief er seinen Freund Markus Acher an, ob der sich die Aufnahmen anhören wolle. Und der vielbeschäftigte Klangbesessene brachte nicht nur seine Gong-Sammlung ins Studio mit, sondern auch den Electro-Sound-Spezialisten seiner Band The Notwist, Cico Beck. Süddeutsche Zeitung
Johannes Maria Haslinger; Fotograf und Musiker beschäftigt sich in seinem aktuellen Projekt, mit von ihm in Nepal gesammeltem Bild- und Tonmaterial, und hier verbindet er erstmals Musik und Fotografie. Neben vielen Fotoaufnahmen hat J.M. Haslinger bei seiner Reise auch Feldaufnahmen von Straßenmusiker*innen und Umgebungsgeräuschen gesammelt, die er nun in Zusammenarbeit mit Markus Acher und Christoph Cico Beck von der Band Notwist durch eigene Improvisationen ergänzt. Acher, der mit seiner riesigen Gong-Sammlung ins Studio kam, spielt hauptsächlich Schlagzeug, Haslinger Geige und Tuba und Cico Beck macht das, was er kann wie wenige andere, elektronische Sounds und Percussion.
Und so vermischen sich nun die Klangwelten der beiden Städte München und Kathmandu, der Sound wird Eins und nicht immer ist klar zu erkennen, wo nun die Münchner Musiker die Nepalesischen Musiker ergänzen, wo die Percussion von Cico Beck und wo es die Trommeln der nepalesischen Kapelle sind, die auf Kathmandus Straßen eine Hochzeit feiern.
In dieser collage-artigen Bearbeitung des Bild- und Tonmaterials zeigt sich quasi gedoppelt das nepalesische Talent der Improvisation. Gleichzeitig zeigt sich in dieser Form der visuell und akustisch dokumentierten Situationen eine fragile Stabilität – und es wird sehr schnell klar, wie stark die Rechte und Möglichkeiten von Randgruppen und das Bemühen um ihre Teilhabe von deren politischen und sozialen Bedingen abhängen.
„Früh am Morgen werde ich wach. Es ist ein Rumpeln in der Luft, ein Tröten und Scheppern. Während ich mich schlaftrunken aufrichte und versuche, meine Ohren in eine Richtung zu lenken, werden meine Augen immer größer: ein Umzug mit Blaskappelle! Ich springe aus dem Bett, schnell in die Hose geschlüpft und das Aufnahmegerät gekrallt, laufe ich die Treppe hinunter, um das Spektakel nicht zu verpassen. Auf der Straße angekommen, ist der Verkehr zu laut und sind die Häuserschluchten zu tief, um genau zu hören, aus welcher Richtung die Musik kam. Ich laufe einfach los. Ein paar Straßen hoch, eine Querstraße wieder runter und ich habe Glück: Das Trommeln wird lauter und auf einmal stehe ich mitten in einer nepalesischen Hochzeitsgesellschaft. Die Musiker der Kapelle tragen alle rote Anzüge und spielen, als ob es kein Morgen mehr gäbe. Die Stücke sind zum Teil zwölf bis fünfzehn Minuten lang und werden mitten auf der Straße dargeboten. Ein Huhn gackert, eine Kuh muht und manchmal kommt ein Lastwagen durch die enge Gasse gewackelt. Dann bewegt sich die Hochzeitsgesellschaft ein Stück zur Seite, die Band spielt einfach weiter, die Braut versucht ihr Kleid einigermaßen von den mit Schlamm gefüllten Schlaglöchern fern zu halten. Wie beneidenswert unkompliziert!“ J.M.Haslinger