Songwriting feiert ein Comeback. Begriffe wie „Neofolk“, „Antifolk“ oder „Weird Folk“ machen seit geraumer Zeit die Runde. Man mag von solchen Schubladen halten, was man will, eines zumindest deuten sie an: Hier hat eine Generation das Mikrophon übernommen, die nicht einfach nur wie ein Neuaufguss von Bob Dylan oder Joni Mitchell klingen will. Ihr Folk ist hybride und unorthodox, nutzt Elemente der freien Improvisation oder die Aggressivität von Punk, bedient sich bewusst dilettantischer Ausdrucksmittel oder schafft Kontraste durch das Zusammenspiel von sanften Melodien und drastischen Texten.
„Sidewalk Songs & City Stories“ versammelt Künstler, deren radikaler, subversiver Folk-Ansatz eine inhaltliche wie musikalische Gegenposition zum US-amerikansichen Mainstream darstellt und deren großstädtischer Behome-Ansatz sich deutlich von jeglicher Country-Nostalgie unterscheidet.
Martin Büsser präsentiert einige Vorläufer dieses neuen Songwritings, die von der jungen Generation immer wieder als Einfluß genannt werden, darunter Jad Fair und Daniel Johnston. Der Großteil des Samplers gehört allerdings den noch jungen und zum Teil unbekannten Stimmen. Die Bandbreite reicht von absurden, neodadaistischen Kollektiven wie Dufus und Huggabroomstik über anrührend melancholische Beiträge von Kimya Dawson und Jeffrey Lewis bis zu Musikern wie The Microphones und Animal Collective, die Folk mit Elektronik und freier Improvisation verbinden. Der Sampler will daher auch gar keine neue Schule oder Bewegung ausrufen, sondern zeigen, wie facettenreich die neue Songwriter-Generation mit dem amerikanischen Folk-Erbe umgeht und wie unterschiedlich dabei Widerstand geleistet wird, ohne dass die Stücke an herkömmliche Protestsongs erinnern.