Ein begnadeter indianischer Flötenspieler mit unglaublicher Ausdruckskraft. Süddeutsche Zeitung
Dario wurde 1950 als Sohn einer Mapuche-Indianerin und eines Italieners in Chile geboren. Als er sich, im Studentenalter bereits, in den Bergen als Schafhirte etwas Geld verdiente, griff er in der Einsamkeit erstmals zur Flöte. Das war der Beginn seiner Karriere. Gefragt, wie er sein Geld verdiene, antwortete er von nun an: „Ich blase in einen Grashalm“. Er entkam dem Pinochet-Regime und machte sich auf die Reise hinauf in den hohen Norden. In der kanadischen Hauptstadt Ottawa ließ er sich nieder. Hier wurde der indianische Folksänger Willie Dunn auf ihn aufmerksam und holte ihn zu sich ins Studio. Auf Willie Dunns viel beachtetem Album „The Pacific“ war der Mapuche-Flötenspieler erstmals zu hören.
Er begleitete Willie Dunn auf einer Deutschlandtournee und begeisterte sofort das Publikum. Dario bot nicht die Andentöne, die in deutschen Fußgängerzonen zum Inventar gehören, sondern formte aus spanischen und indianischen Elementen seine eigene Musik und sparte dabei nicht mit kritischen Tönen. Für sein erstes Album kam er mit Rohmaterial angereist und ergänzte es mit Musikern der Münchner Szene; Sparifankal gehörten ebenso dazu wie die Fraunhofer Stubnmusi. Dario übte sich in Weltmusik, als es sie offiziell noch gar nicht gab.
Bald war er ein fester Bestandteil der Konzertszene zwischen Kiel und Klagenfurt. Kurz betrat er auch, an die Hand genommen von Eberhard Schöner, die TV-Pop-Landschaft. Doch im Großen und Ganzen blieb er sich treu und näherte sich nach sieben Alben wieder den puren Formen des Anfangs.
Gegen Ende der 90er Jahre wurde seine Arbeit als Musiker und Komponist gewaltsam unterbrochen: Betrunkene hatten ihn überfallen und lebensgefährlich verletzt. Nur langsam kam er wieder auf die Beine – gestützt von seinem 13jährigen Sohn, den er alleine aufzog. Davon erzählte er und von anderen schwierigen Phasen, als er im Herbst 1999 wieder durch Deutschland und Österreich reiste. Er erzählte davon wie einer, der nach einer beschwerlichen Reise, wieder heil bei sich gelandet war. ‚Mein Sohn ist der Inhalt meines Lebens‘, sagte er,’er ist mein bester Freund‘.
Am Ostermontag rief mich Willie Dunn aus Ottawa an. Dario hatte sich das Leben genommen. Wir wissen nicht, was ihm das Dasein auf Erden unerträglich werden ließ. Seine Reise ist zu Ende, und wir sind froh, daß wir ihm manchmal auf seinen Wegen begegnet sind.
Claus Biegert