HAMBURGS HEIMLICHE HYMNE
HipHop und Hamburger Schule. Folk und Techno-Beats. Texte dazu, die den Kopf nicht mehr verlassen, poetisch, humorvoll und in ihrer schlichten Sprache oft voller Wahrheiten über das Leben. Der Film „return of the tüdelband“ führt über aktuelle Musik hinein in die deutsch-jüdische Geschichte: Der junge HipHopper Dan Wolf bricht in San Francisco auf,um Lebenszeichen seiner Vorfahren in Hamburg zu suchen. Die Gebrüder Wolf traten in den 10er und 20er Jahren des letzten Jahrhunderts in den Amüsierbetrieben rund um die Reeperbahn auf. Sie wurden so erfolgreich, daß ihnen bald das Operettenhaus gehörte und
sie ihre Künste international darboten. Das Tüdelband-Lied, das auf Ludwig Wolf zurückgeht, ist bis heute Hamburgs heimliche Hymne.
Dass die Gebrüder Wolf deutsches Liedgut zum Besten gaben, rettete sie sowenig wie ihre Popularität. Mitglieder der Familie wurden in den Konzentrationslagern der Nazis ermordet. Einigen gelang das Überleben durch die Emigration. Die Fluchtwege führten über Shanghai in die Vereinigten Staaten, wo die Wolfs in neuer Formation auftraten und versuchten, an die früheren Erfolge anzuknüpfen.
Ein Nachfahre der Überlebenden, der 26jährige Dan Wolf, tritt die Reise in umgekehrter Richtung an: ein jüdischer Amerikaner ist in Hamburg auf der Suche nach seiner Geschichte. Er rappt seine Gefühle und Eindrücke auf Hamburger Strassen und eignet sich so die schmerzlich mit der politischen Vergangenheit Deutschlands verbundene Familiengeschichte an. Der Film gleicht einer Identitäts-Suche bei der Dan Wolf die Zuschauer durch ein Hamburg führt, das man bisher nicht als Bestandteil der offiziellen Gedenkkultur wahrgenommen hat: das Fotoarchiv der Flora oder das Innere des Bismarckdenkmals.
Der Film versetzt die Vergangenheit in die Gegenwart. Das Einzelschicksal einer jüdischen Familie wird dabei nur am Rande dargestellt. Es geht hier um die Präsenz der Geschichte in der Biographie eines jungen jüdischen Musikers. Nur selten hat ein Film die Auswirkungen der deutschen Vergangenheit so lebendig und unkompliziert gezeigt.
Ohne moralisch belehren zu wollen, macht der Film deutlich, wie eng verzahnt das Heute mit dem Gestern ist. Jens Huckeriedes Film spornt an, sich mit der deutschen Geschichte zu befassen; mit einer Geschichte die kein abgeschlossenes Kapitel ist, dessen Spuren nur noch in Betroffenheit und Wiedergutmachung münden, sondern mit einer Geschichte die ein kultureller Bestandteil unseres Lebens ist.