Wer sind eigentlich diese vier jungen Männer, die vor 8 Jahren wie eine Erleuchtung aus dem schönsten Alpentraum der Oberbairischen Landschaftsindustrie in der Stadt erschienen? Aus Oberammergau kommend, brachten sie ihre Musik, die irgendwo zwischen Alpenlandschaften und kritisch-weltläufiger Querköpfigkeit pendelt, in die Städte. So hatte man das noch nicht gehört – und dass ausgerechnet aus diesem Oberammergau-Idyll ein derartig starker Klangstrudel kommen würde, wer hätte das gedacht?
Mit dem Instrumentarium einer halben Blaskapelle, ergänzt durch Orgel, Zither und Klanggeschepper, einem Sprachsog aus Dialekt und Hochdeutsch, mit unverstellten Blicken in die ungesehensten Alltagswinkel haben sie es geschafft, ihren ganz eigenen Kosmos in die Welt hinauszutragen. Getrost können wir uns Oberammergau als Zentrum der Kofelschen Welt vorstellen, eine Welt, die sie in aller Seelenruhe umschlendern, umradeln und umkreisen. Wo auch immer diese „Alpenhippies“ unterwegs sind, die Verbindung zum Oberammergauer-Mutterschiff scheint nie abzureißen.
Und nun haben sie mit BAAZ eine neue Umlaufbahn erreicht.
BAAZ das titelgebende Herzstück der Platte, entführt mit psychodelisch angestaubten Elektrosounds in längst vergessen geglaubte Krautrocksommer. Mit der Ausdauer eines Hochleistungssportlers pumpt die Helikontuba, während sich eine Orgelmelodie verwegen gegen und um die Lagerfeuergitarre schraubt, rudimentäres Schlagzeugklirren, mehrstimmige Männergesänge. Dann wieder die vertrauten Bläsertöne, begleitet von hintergründigem Orgelschwirren – fast neun Minuten pulst, treibt, wabert und flirrt es – fliegt raus in den Orbit, um letztlich wieder in immer engeren Kreisen erstaunlich konzentriert auf der Erde zu landen.
Dann PAULINE – ein instrumentaler Bilderbogen, der aus einem italienischen Filmklassiker der 60er Jahre zu kommen scheint. Widerstandslos ergibt man sich den Zitherklängen – und die Frage, wo die jetzt herkommen, wie die da Platz finden und sich reinzupfen in heiße, südliche Gefilde, erübrigt sich. Im Kopf stellt sich eine seltsame, fast schwerelose Weite ein, sehnsuchtsvoll, fast wehmütig läuft man auf flimmernden Straßen in längst vergangene Zeiten.
„Ein Gedankenballon voller Wünsche, Gerüste, Schlösser und Lüste… ein aufgehender Ballon der gefüllt wird mit Luftschlosshelium und fliegen möchte, endlich rauf zu den Sternenkollegen, nicht immer unten im pragmatischen Leben und leichter sein als Luft, so dass du fliegen musst. Doch diese blöde Erdanziehungskraft dich dauernd so schwer und funktionabel macht. Dich auspatscht und am Boden hält, wie es der Norm – gefällt.“
Und da sind wir schon wieder unterwegs – im BALLON steigen wir mit Kofelgschroa hoch in den Himmel. Hier kommen sie wieder, die vertrauten, sich drehenden und kreiselnden Schleifen und Wortschöpfungen, die verdrechselten aber doch so einleuchtenden Beobachtungen der Welt, die wir so lieben an den vier Oberammergauern. Und von ganz oben schauen wir mit ihnen auf all das Kleine und scheinbar Banale und plötzlich kreisen auch wir in ihrer Umlaufbahn.
„Jeden Tag wird’s Abend und bis jetzt ist es immer wieder Morgen gworden. Die Jahre gehen in Schleife, bin i hinten fertig, fang i an von vorn, ohne Ende ohne Anfang, konstant schnell oder langsam – ohne Anfang ohne Ende – effizient? Weniger… Die Loopmaschine die hängt, die Loopmaschine die hängt…“
So geht’s dahin mit der LOOPMASCHINE, in mäandernd schlingernden, endlos gezogenen und hintergründigen Kurzgeschichten. Das Akkordeon treibt, der Bass pulsiert in immer gleichem Rhythmus – und dann dieser Gesang, fast schon in höheren Sphären angesiedelt, sind die das wirklich – können die so singen? Ja, das können die. Und auch wenn wir mit Kofelgschroa immer mal wieder umschauen, einen Blick zurück werfen, das Klanguniversum der Vier bleibt doch im Jetzt, streift den Staub aus den Kleidern und macht den Blick weit für das, was grade im Moment durch die Welt tobt. Auch, aber eben nicht nur in Oberammergau.
Ganz zum Schluß ziehen wir auch diesmal wieder den Hut und bedanken uns aufs allerherzlichste bei Micha Acher und Oliver Zülch. Ihr habt das Kofelgschroa-Universum mal wieder richtig zum Klingen gebracht. Unser lebenslanger Trikont-Kofel-Dank ist Euch sicher.