Anfangs war Rock`n Roll nicht viel mehr als ein Wort: Eine Unterabteilung des Rhythm`n Blues, die besonders gut geeignet war, weiße Teenager in ihren Bann zu ziehen. Der weiße Radio-DJ Alan Freed hatte die schwarze Rhythm`n Blues-Musik, die er über den Äther jagte, „Rock`n Roll“ getauft – sollte es ein Versuch gewesen sein, die Wurzeln des Genres zu verschleiern, dann schlug er gründlich fehl. Schließlich bezog sich die Opposition des Mainstreams gegenüber der neuen Mode nicht nur auf deren Aggressivität, Sexualität und Lautstärke, sondern vor allem auf deren schwarze Ursprünge. Kein Wunder, wenn Fats Domino, Joe Turner oder den Platters als ersten der Crossover gelang – es waren die Musiker, die noch am wenigsten von der sexuellen Bedrohung ausstrahlten, die landläufig mit den Rhythmen des schwarzen Rhythm`n Blues assoziiert wurde. Sie ebneten den Weg für weiße Musiker wie Bill Haley und mussten zugucken, wie ihre Songs in verwaschenen Coverversionen für den weißen Markt nachgespielt wurden.
Denn lange bevor Elvis in den Sun-Studios seinen Hüftschwung fand, sich die Rolling Stones den Mississippi-Blues aneigneten und mit Legionen weißer Bands ihre verstärkten Gitarren aufröhren ließen, hatten schwarze Blues-, Gospel- und Jazz-Performer den Grundstein für die musikalische Revolution gelegt, die die westliche Welt erschüttern sollte: Rock’n Roll. Weit weniger bekannt als ihre weißen Epigonen, stellten schwarze Musiker doch die meist erdigeren Originale als Performer, die für ein stets auf neue Sounds erpichtes schwarzes Tanzpublikum die archaische Wucht des Blues mit Country-Melodien und dem fiebernden Beat der schwarzen Gottesdienste zusammenbrachten, urafrikanische Rhythmen mit elektrischer Verstärkung kurzschlossen.
Zusammengestellt, kommentiert und herausgegeben von: Jonathan Fischer